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Was Qualitätsmanager 2023 priorisieren sollten

Auch 2023 wird kein langweiliges Jahr. Nicht zuletzt das Qualitätsmanagement steht vor großen Herausforderungen – sowohl inhaltlich als auch organisatorisch. Welche Trends auf der QM-Agenda ganz nach oben rücken und wie man den Stier erfolgreich bei den Hörnern packt, lesen Sie in unserem neusten Blog-Beitrag.

Welche Fragen rücken auf der QM-Agenda ganz nach oben? Wir geben einen Ausblick auf die Topthemen des kommenden Jahres: 

  • Toptrend 1: Resilienz in der Lieferkette
  • Toptrend 2: Tiefere Integration mit dem Engineering
  • Toptrend 3: Predictive Quality Analytics
  • Toptrend 4: App-Entwicklung in Eigenregie
  • Toptrend 5: SaaS
  • Toptrend 6: Neue Standards für Industrieunternehmen 

Toptrend 1: Resilienz in der Lieferkette

Der Druck auf die Lieferketten nimmt permanent zu. Und das nicht erst seit Corona oder dem Ukrainekrieg. Auch wenn der Ruf nach mehr Resilienz seither deutlich drängender geworden ist. Keine Frage. Gleichwohl reicht der eigentliche Wandel noch einmal wesentlich weiter. Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung ist die immer intensivere Agilisierung der gesamten Wertschöpfung. Produktseitig zählen die Verkürzung der Produktlebenszyklen und die Integration von Industrie-4.0-Lösungen zu den wichtigsten Treibern. Aus organisatorischer Sicht geht es um die zunehmende Arbeitsteilung in Partnerökosystemen und die Umstellung des Produktportfolios auf rein kundenbezogene Servicemodelle. 

Die sich daraus ergebenden Anforderungen für die Lieferorganisation und das Qualitätsmanagement könnten kaum größer sein. Schließlich gilt es Verfahren zu etablieren, mit denen sich neue Lieferbeziehungen wesentlich schneller aufsetzen lassen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Vor allem OEMs und Systemlieferanten müssen hier umdenken. Zumindest teilweise. Sie brauchen einen Plan B zu den Qualifizierungsverfahren, in Rahmen derer sie viel Zeit und Energie darauf verwenden, um vor Ort beim Zulieferer dessen Produktionsprozess zu auditieren, um daran anschließend anhand von Musterteilen die erreichbare Produktqualität zu prüfen.

Angesichts der sich zuspitzenden Lieferengpässe lohnt es sich zu schauen, ob es anstelle eines vollumfänglichen Produktaudits nicht bereits reicht, Freigaben für bestimmte Spezifikationen zu erstellen, um es dann den Lieferanten zu überlassen, wie sie die Anforderungen umsetzen. Hier gilt es genau abzuwägen, welche Merkmale Teil der Spezifikation sein sollen, damit die Zulieferprozesse auch tatsächlich agiler werden können. Beispielsweise kann man hinterfragen, ob die Toleranzen stimmen, die man seinem Zulieferer zugesteht.

Ein weiterer Ansatz besteht darin, dass die Zulieferer ihren Kunden in viel stärkerem Maße als bisher die Prüfergebnisse zuleiten, die sie im Rahmen ihrer eigenen statistischen Prozesslenkung erheben. Somit ergeben sich für die Qualitätssicherung des Kunden neue Möglichkeiten, um die spätere Lieferqualität bereits im laufenden Fertigungsprozess zu prüfen und bei relevanten Abweichungen frühzeitiger die Hand zu heben. So zum Beispiel durch die stärkere Anwendung von Predictive Quality Analytics (vgl. Toptrend 3). Vor diesem Hintergrund ist es essenziell, dass das federführende CAQ-System technologieoffen ist und die unterschiedlichen OT-Systeme der Zulieferer mit geringstmöglichem Aufwand integrieren kann.

Toptrend 2: Tiefere Integration mit dem Engineering

Die Integration von Engineering und QM zählt zu den zentralen Herausforderungen jedes Industriebetriebs. Nun bekommt das Thema nochmals neuen Schub. Treiber ist das Industrielle Internet der Dinge (Industrial Internet of Things, IIoT). Mehr denn je hängt der Nutzen der Produkte vom reibungslosen Zusammenspiel ihrer mechanischen, elektronischen und softwaretechnischen Komponenten ab. Die damit verbundene Komplexitätszunahme ist jedoch beträchtlich. Und das auf allen Ebenen der Wertschöpfung und in allen Phasen des Produktlebenszyklus.

In welchem Maße die Komplexitäten zunehmen, zeigt bereits das Engineering selbst. Denn erinnern wir uns: In der Vergangenheit konnten die einzelnen Entwicklungsdomänen – Mechanik-, Elektronik- und Software-Engineering – relativ unabhängig voneinander agieren. Sicher, auch dieses Vorgehen kannte verpflichtende Übergaben. Keine Frage. Doch sind die Entwicklungsprozesse inzwischen zu agil geworden, um die Arbeitsergebnisse in gewohnter Form, also seriell, synchronisieren zu können. Schließlich entsteht ein wesentlich höheres Maß an Änderungen, als dies in früheren Zeiten der Fall war. Doch entscheidend ist dabei gar nicht einmal die schiere Menge. Was das alte Vorgehen an seine Grenzen bringt, ist die Tatsache, dass fast jede dieser Änderungen Auswirkungen auf das Gesamtsystem hat und daher domänenübergreifend verarbeitet werden muss.

Dies kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten mit demselben Systemmodell arbeiten. Ganz gleich ob sie aus dem Engineering oder der darauf aufsetzenden Wertschöpfung kommen. Sämtliche Aktivitäten müssen sich stets auf dieses eine Modell beziehen, das die gesamte Spezifikation des Produkts normenkonform aufschlüsselt. A und O der modellbasierten Entwicklung ist eine 100% homogene Datenbasis. Um diese zu erreichen, braucht es eine technologieoffene IT-OT-Plattform, die alle industriellen Teilsysteme bidirektional – also lesend und schreibend – integriert. Mit Edge.One ist eine derartige Plattform verfügbar. Je tiefer die Integration dann greift, desto größer wird die Prozesssicherheit, so dass tatsächlich alle Beteiligten einen 360-Grad-Blick auf dem jüngsten Stand des Entwicklungsmodells bekommen und ihre jeweiligen Aufgaben qualitätsgesichert erledigen.

Toptrend 3: Predictive Quality Analytics

Keine Frage. Künstliche Intelligenz (KI) zählt zu den Trends mit dem höchsten Stehvermögen. Seit Jahren schon vergeht kaum ein Tag ohne weitere neue Anwendungsideen. Doch was davon hat bereits Marktreife? Wirtschaftlich interessant ist derzeit vor allem das maschinelle Lernen (engl. Machine Learning). Insider sehen darin eine Vorstufe von KI. Denn: Die eigentlichen Entscheidungen werden auch weiterhin vom Menschen getroffen. Gleichwohl liefert Machine Learning eine Wissensgrundlage für Entscheidungen, wie sie mit herkömmlichen Analysemethoden kaum zu bekommen ist. Dies gilt vor allem dann, wenn es um komplexere Formen der Mustererkennung geht und der dazu auszuwertende Daten-Pool ausgesprochen heterogen ist.

Im QM-Umfeld lassen sich diese Stärken besonders gut ausspielen. Allen voran in der statistischen Prozesslenkung (SPC), wo große Mengen unterschiedlicher Produkt- und Prozessdaten entstehen. Dank Machine Learning wird es jetzt möglich, produkt- und prozessbezogene Qualitätsmessdaten mit geeigneten Kontextdaten zu kreuzen. Letztere können dann darüber Aufschluss geben, wann und warum ein bestimmtes Qualitätsproblem am ehesten auftritt. Wenn die Raumtemperatur unter eine kritische Marke fällt? Wenn Werker mit dieser und jener Qualifikation an der Maschine stehen? Immer an ungeraden Tagen? Wenn … Die Liste ließe sich sicherlich noch eine ganze Weile fortführen.

Aus dem hinzugewonnenen Analysewissen gilt es dann passende Aktionen abzuleiten. Deren Ziel ist es, die Qualitätsmängel abzustellen, noch bevor es zu Leistungseinbußen im Echtbetrieb kommt. Etwa indem Produkteigner und Qualitätsmanager zielgenau erkennen, bei welchen Fertigungsschritten sich zusätzliche Audits lohnen könnten. Analyse und Aktion gehören somit untrennbar zusammen. Ihr Zusammenspiel sorgt dafür, dass die Predictive Quality Analytics ihren Business-Nutzen voll entfalten kann und der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) wesentlich stärker nach vorne blicken kann, als dies mit herkömmlichen Analysemitteln möglich war.

Toptrend 4: App-Entwicklung in Eigenregie

Wer das Qualitätsmanagement demokratisieren will, sollte den CAQ-Nutzern zusätzliche Freiheiten geben. So etwa, wenn es darum geht, den Verlauf ihrer Workflows zu bestimmen und das Design der Benutzeroberflächen zu ändern. Oder es zu ergänzen. Um neue Formulare zum Beispiel, die regulatorische Veränderungen aufgreifen. Bis vor kurzem hatten User jedoch kaum eine Chance, solche Anpassungen selbst zu machen. Stattdessen mussten sie ihre Änderungswünsche in der IT anmelden. Diese wiederum beauftragte die Softwarehersteller. Was oft zu Projektlaufzeiten und Aufwänden führte, mit denen keiner der Beteiligten so richtig zufrieden sein konnte.

Doch es gibt inzwischen Abhilfe. Moderne IT-Plattformen wie Edge.One bieten Entwicklungstools, mit denen auch Endanwender klarkommen. Da sich diese Werkzeuge nutzen lassen, auch ohne dass man sich dazu mit dem eigentlichen Software-Code auseinandersetzen muss, spricht man von Low-Code/No-Code-Entwicklung. An die Stelle der Programmiersprache treten nun grafische Design-Werkzeuge, die sich vorzugsweise per Drag & Drop bedienen lassen. CAQ-Anwender haben dann beispielsweise die Möglichkeit, ihre Dashboards so zu gestalten, wie es ihrer persönlichen Denk- und Arbeitsweise entspricht. So etwa mit Blick auf den Verlauf der täglichen QM-Durchsprache, die sie mit den Kollegen aus der Fertigung haben.

Vorteile entstehen aber auch für die IT-Abteilung. Denn: Mit der Demokratisierung des Designs steigt auch die Akzeptanz der Software und damit ihr Nutzungsgrad. Workarounds mit Excel-Tabellen und ähnlichem verlieren mehr und mehr an Bedeutung. Mit jeder Insellösung, die dann wegfällt, verbessern sich die Gestaltungsmöglichkeiten der IT. So etwa, wenn es darum geht, die Cybersicherheit unternehmensweit zu stärken. Zudem sinken die Entwicklungs- und Wartungskosten. Denn: Je mehr Anpassungen die Anwender selbst in die Hand nehmen, desto weniger Overhead fällt an – in der eigenen IT und aufseiten der IT-Lieferanten.

Toptrend 5: SaaS

Cloud Computing ist ein alter Hut. Könnte man meinen. Doch es gibt Bereiche in der IT, wo die Bedeutung webgestützter Systemlösungen nach wie vor eher gering ist. CAQ ist ein solcher Bereich. Ähnlich wie im ERP-Umfeld halten viele Unternehmen daran fest, die Software lieber im eigenen Haus zu betreiben. Ungeachtet dessen werden die Karten nun noch mal neu gemischt. Frischen Wind ins Spiel bringen Software as a Service (SaaS)-Lösungen. Hier läuft der Code auf den Servern der Anbieter. Den Anwender wiederum interessieren nur noch die Software-Funktionen, die er als Services über sichere Internetverbindungen bezieht.

SaaS-Lösungen sind inzwischen auch im Bereich eQMS marktreif. Immer häufiger erweisen sie sich als lohnende Alternative zur On-Premise-Installation. Dies gilt vor allem dann, wenn Anwender ein hohes Maß an Agilität brauchen. Wenn es beispielsweise darum geht, eine Vielzahl von unterschiedlichen Nutzern so rasch wie möglich in einen Prozess einzubinden. Bei Reklamationsfällen zum Beispiel. Wichtigster Vorteil hier: Das CAQ-SaaS ist sofort einsetzbar. Im Anwenderunternehmen entsteht keinerlei Implementierungssaufwand. Stattdessen können die Nutzer aus dem Stand heraus damit beginnen, ihre Workflows abzubilden und die Benutzeroberflächen so zu gestalten, wie es ihrer Arbeitsweise entspricht (vgl. Toptrend 4). Somit schmilzt die Zeit zwischen Kaufentscheid und Produktivschaltung auf ein Minimum.

Für viele Anwenderunternehmen werden SaaS-Lösungen daher zum Mittel der Wahl. In den USA gehört ihnen bereits die Hälfte des Markts. Dabei sind es vor allem die Labore, die hier für Tatsachen sorgen und auf SaaS-gestützte Laborinformationsmanagementsysteme (LIMS) wechseln.

Ungeachtet dessen ist beim Umzug auf SaaS derzeit noch ein gewisses Augenmaß geboten. Dies hängt damit zusammen, dass den Agilitätsgewinnen zum Teil auch Abstriche in der Flexibilität gegenüberstehen. Denn: Wer Anpassungen wünscht, wird feststellen, dass eine SaaS-Lösung zunächst einmal nur Standardprozesse bietet. Aus QM-Sicht hat dies sowohl Vor- als auch Nachteile. Die Vorteile bestehen darin, dass SaaS-Lösungen ein perfektes Mittel sind, um einheitliche Vorgehensweisen unternehmensweit einzuziehen. Mitunter ergeben sich genau daraus aber auch Nachteile. Und zwar dann, wenn unternehmensspezifische Anpassungen gebraucht werden, die die Geschäftslogik der SaaS-Software betreffen. Manch ein Change Request dauert dann spürbar länger als es bei Cloud-Lösungen der Fall ist, die unternehmensspezifisch aufgesetzt sind.

Marktforscher wie Gartner gehen allerdings davon aus, dass SaaS diesen Entwicklungsrückstand bis 2025 wettgemacht haben wird. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Zahl der SaaS-Migrationen in den kommenden beiden Jahren stark steigen wird. Haupttreiber dieser Entwicklung sind die Agilitätsgewinne, die SaaS bringen wird.

Toptrend 6: Neue Standards für Industrieunternehmen 

Cybersicherheit ist das Gebot der Stunde. Mehr denn je auch in der Industrie. Denn nirgendwo sonst wächst die Zahl der Hacks derzeit schneller. Und auch kaum irgendwo sonst sind die Risiken erfolgreicher Angriffe höher. Die Wirksamkeit der in den Unternehmen eingesetzten Informationssicherheitsmanagementsysteme (ISMS) rückt daher ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Aus QM-Sicht gewinnen damit Security-Regularien an Bedeutung, die lange Jahre als reine IT-Angelegenheit galten. In erster Linie sind dies die Industrienorm ISO 27001 und der Automotive-Standard TISAX. Beide Normen greifen tief in das Engineering und den Produktlebenszyklus von Softwaresystemen ein. Je stärker Software nun zum integralen Bestandteil von Industrieprodukten werden, desto dringlicher wird es für deren Hersteller, sich entsprechend zertifizieren zu lassen. Doch damit nicht genug. Parallel dazu verschärfen sich auch die Anforderungen der primär industriebezogenen Regulatorik. Sei es in der ISO 9001 (etwa im Bereich der Rückverfolgbarkeit), sei es in branchenspezifischen Standards wie der ISO 13485 für das QM in der Medizintechnik.

All diese Entwicklungen zeigen, dass die Komplexität der regulatorischen Pflichten noch einmal deutlich zunimmt. Gleichzeitig wächst die Zahl der Produktionsaufträge, deren Qualität es normenkonform zu managen gilt. Denn ungeachtet aller Rezessionsbefürchtungen sind die Auftragsbücher der meisten Unternehmen nach wie vor gut gefüllt. Das Einzige, was kontinuierlich abnimmt, ist die Zahl der Fachkräfte, die dieses Wachstum organisieren können.

Mehr denn je sind die Unternehmen daher gefordert, die standardisierbaren Teile ihrer Dokumentations- und Nachweispflichten so weit wie möglich zu automatisieren. Und überall dort, wo menschliche Interaktionen erforderlich bleiben, diese bestmöglich zu unterstützen. Der Königsweg führt über ein datenbankgestütztes CAQ, das normenkonforme Workflows bietet und dessen Benutzeroberflächen exakt auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Anwendergruppen zugeschnitten sind. Auf diese Weise stellt das eQMS sicher, dass sich alte wie auch neue regulatorische Anforderungen prozesssicher und kosteneffizient erfüllen lassen.